Dirty Old Man
Ein Mann der dachte nach,
wollte schreiben ein Gedicht,
oder war es nur ein Essay?
Sein Geist war leer,
die Flasche auch,
ob das wohl zusammenfällt?
Die Lust war weg,
der Magen Schnaps,
warum er nur am Leben hing?
Die Antwort klar,
am Gaumen tröpfelig,
was braucht das Vergessen mehr?
Einen Korkenzieher,
ein gläsern Glück,
welcher Laden gibt ihm noch Kredit?
Die Hose hoch,
Stoppeln im Gesicht,
wo sind nur die verdammten Schuh?
Dann wird er wieder schreiben,
Tausend Seiten Kunst,
wer glaubt nicht an den Erfolg?
Geschichten von den Frauen,
von Lowjobs und den Pferderennen,
muss doch sein, dass es jemand interessiert?
Andere haben es auch geschafft,
das Leben liederlich,
ob sich heut noch einer danach dreht?
Es lockt der Ruhm,
der hohle Tand,
aber wird er sich dafür verkaufen?
Doch keine Angst,
die Schecks in der Hand,
die Preise an der Wand,
er weiter zeigt der Welt,
- Welch Frage!-
den nackten picklig Arsch
Das siebte Siegel
Eines schönen Tages,
ich saß auf meiner Veranda,
da kam der Tod mich besuchen.
Er lud mich ein auf eine Partie Schach.
„Ist das nicht wie in dem Film?“, fragte ich.
„Na, wie hieß denn der noch mal gleich?“
„Das siebte Siegel.“
„Ja, genau!
"Ein lächerlicher Streifen.
Was für eine abgeschmackte Idee.“
„Nun ja“, erwiderte der Tod. „Ich fand ihn ganz gut.“
„Was sollst Du auch sagen“, lachte ich herablassend.
„Aber objektiv besehen war es der reinste Kitsch.“
„So, so.“ Der Tod schien zu überlegen,
dann griff er mit seiner bleichen Knochenhand,
ganz plötzlich,
mitten in meine Brust und holte mein Herz heraus.
Vorsichtig legte er es auf das Brett
auf ein schwarzes Feld.
„Nun, immer noch so lustig?“, fragte er.
„Nein“, gab ich kleinlaut zu.
Winterimpression
Weiße Flocken werfen ihren
blauen Atem übers Land
schützen mit knirschender Decke
die schlafende Krume
vor dem brennenden Biss der Kälte
Es ist eine dicke Decke
auch wenn schon ein kleines Stück fehlt
das der Weihnachtsmann
wie jedes Jahr
herausgeschnitten hat
Wir wissen doch alle:
Sein Bart ist nicht echt
Die Antwort, so einfach
Nach Afrika ich zog, um zu beobachten die Welt
Weit, weit weg, hier mir schon lange nichts mehr gefällt
Da sah ich einen Affen lachend tanzend durch die Wipfel
Ganz frech und ungeniert er zeigte dabei seinen Zi…
Doch damit nicht genug
eine reife Frucht
ganz unvermutet
der Lauser warf mir an den Kopf
Dann ging er zu seiner Liebsten
als wäre nichts gewesen
ein Liedchen pfeifend
und band ein buntes Band ihr in den Zopf
Ich aber war am raten
kämmte Falten in mein Dach
Geheimnisse durch den täglich Urwald waten
die Antwort wurde nur sehr langsam wach
Was wollte er mir damit sagen?
Was war der Geste tieferer Sinn?
Das Leben besteht nicht nur aus Plagen
Wer weiß, wie lang ich noch bin
Es ist nicht nur die Form
Er hat mich viel gekostet
dennoch liebe ich ihn nicht
Das liegt nicht nur an der Form
vor allem am Gewicht
Ach!
wäre er doch nur Schall und Rauch
mein dicker Bauch
Auf dem Weg
Kaum die Finger auf den Tasten
Und schon lernt ein jedes Kind
Aus dem bunten Schauspielkasten
Wo die wahren Männer sind
Leben nie in engen Wänden
Sind auch nicht bei sich daheim
Haben Gold, gar starke Lenden
Kriegen Applaus wenn sie Schwein
Sind der Gier ein willig Sklave
Gackern lachend auf Moral
Nennt ein jeder sich der Brave
Ethikhaut wird totenfahl
Treten Kind, Frau und Finger
Wenn es bringt nur eine Sprosse
Löschen Licht im Herzenszimmer
Auf dem Weg zum großen Bosse
Geben Gas, nicht nur im Auto
Viel zu schnell für krückend Seele
Doch egal, denn das Motto:
„Willst Du Geld? - Dann wähle!“
Einst
Einst
in den alten verlorenen Tagen
als Gott noch über uns wachte
und schwertreich mit dem Bösen kämpfte
da verlor er ein Auge
Das sah nicht gut aus
darum nahm er die Erde
blau und rund
und stopfte sie in die leere Höhle
Und heute?
Heute sind wir ihm nah
nah wie noch nie
spüren seinen Atem
doch er sieht uns nicht mehr
Mein neues Gesicht
Gestern besuchte ich eine dieser Kathedralen des Konsums
schön bunt sie ist und glitzernd
und erwarb ein neues Gesicht
Es war im Angebot
um gut dreißig Prozent herabgesetzt!
Viele andere haben auch zugegriffen
Der Verkäufer lobte es in den höchsten Tönen
Es kommt aus Amerika
Es ist eine Entwicklung der NASA
Es ist bis zu fünfzig Lügen täglich absolut dicht
und für noch so viel mehr zu gebrauchen
Man kann damit Versicherungsvertreter werden
Banker und Pastor
und sogar Politiker
Es passe gerade mir wie angegossen
Es betone den strahlenden Teint meiner Bildung
unterstreiche den Blick eines wahren Konquistadors
Es verspreche:
Erfolg – Unerschrockenheit - Selbstbewusstsein
und vor allem: Durchsetzungsvermögen
Es passt gut zu Krawatte und Hemd
aber auch zu Rollkragenpullover und Schal
Es hat nur einen kleinen Nachteil
man wird sehr empfindlich darunter
Man kann es nur im Dunklen abstreifen
Charons Opferstock
Der Oberpriester
gehüllt in graues Tuch
mich freudig lächelnd begrüßt
im glitzernden Palast der immerwährenden Sicherheit
Weiße Zähne
bereit zuzuschnappen
ohne wenn und aber
nach dem bluttriefenden Köder meiner Bonität
„Bitte folgen sie mir, folgen sie mir, hier entlang“
Und die falschen Engel hinter den flimmernden Schirmenlegen ein Stück Gebäck zu dem Kaffeegeschirr
ich soll mich wohl fühlen
hier ist das Haus der ewigen Freude
Freundschaft bis zum Zahltag
Doch im Geiste ich dreh bereits den Fidibus
und zünde an ihre seidenen Gewänder
Flammen sollen die bunten Türme aus Papier!
Flammen sollen die Verträge meiner Vernichtung!
Flammen soll der erste Tag meines neuen Glaubens!
Aber es ist bloß ein Gedanke
es gibt nur diesen einen Weg
die Nase
plattgedroschen
zwei Zentimeter über dem Wasser zu halten
Auch ich lächle
Und so der Priester salbt mein Haupt
und gemeinsam wir betreten die innerste Kapelle
und waschen unsere Hände im Becken
gewissenhaft
mit der rauhen Wolle der frisch geschorenen Lämmer
bis uns fallen aus die Nägel
welche wir silbern werfen in Charons Opferstock
Münzen für die Überfahrt
Klimpernde sakrale Geschäftigkeit
Dann verneigen uns vor dem Altar des goldenen Kalbes
Andächtig
Das Kalb, das Kalb
über den Globus
es heilt alle Wunden!
Das Kalb, das Kalb
es nimmt und es gibt.
Es gibt ein wenig
und nimmt doch alles.
Den Ritualen ist damit genüge getan
Die Litanei kann beginnen:
„Sie brauchen noch mehr Geld?
Wir haben es
dafür sind wir doch da!
Nur eine kleine Unterschrift
hier, hier und hier“
Ich lege den knebelnden Stift zur Seite und weiß:
War ich verloren
so bin ich ab heute nicht mehr zu finden
Huldigen musst du, huldigen!
Die goldenen Mücken
gepanzert mit labenden Wohlstand
aus dem Westen sie kommen geflogen
Huldigen musst Du, huldigen!
Teilen auf Deine freudig wartende Haut in Planquadrate
Nur ein kurzer Stich, ein Stich, ein Stich
und saugen auf das süße Wasser Deines Lebens
bis die Finger des ewigen Geldzählers
kämen den Frost aus Deinem grünen Haar
Grün ist das Fieber des Neides, grün
Haltet ihn fest!
„Haltet ihn,
haltet ihn fest!
Ich habe ihn zuerst gesehen.
Er ist ein Künstler.“
Die Stimme durchdringt den Raum,
duldet keine Widerrede,
und nur der Sekt in den Plastikbechern,
so schal,
rülpst unbeeindruckt sein leises Lied.
„Haltet ihn fest!
bevor er sich wieder versteckt.
Er ist ein scheues Genie.
Er ist MEINE Entdeckung!“
Ich aber renne um mein Leben,
fliehe vor den golden lackierten Nägeln der Avantgarde.
So lang sie auch sind,
sie erreichen meinen Rücken nicht.
Niemand durchbohrt mein Herz.
Was ist ein Schmetterling hinter Glas?
Gaukeln muss er,
in den grazilen Sonnenfäden schaukeln.