Die grünen Käfer
Phantome des Schreckens
Kleine grüne Käfer
Sie springen mitten aus euren Augen
krabbeln in meinen Mund
beißen in die Zunge
und lähmen mit Gift
Wah, nah, brah
Blum, klum, Wum
Rol, Sol, ...
Immerhin: Ein Schritt voran!
Meine Frau betrat das Zimmer.
„Du könntest endlich mal aufstehen und was tun“, sagte sie.
„Andere Männer in deinem Alter ernähren eine Familie.
Die liegen nicht den ganzen Tag faul im Bett herum,
rauchen Zigaretten und trinken ein Bier nach dem anderen.
Waschen tun sie sich übrigens auch.“
Und vorwurfsvolle Augen trafen mich dabei,
die sicher ihre Wirkung nicht verfehlt hätten,
wenn ich sie nicht zuvor schon so oft erblickt.
„Ja,Ja, ich könnte etwas tun“, murmelte ich, während sich die Decke zwischen uns zwei Menschen langsam senkte
und meine fleckige Brust zu Brei zerquetschte.
Mein Körper war Beton. „Das ist wahr. Ich könnte zum Beispiel in die Garage gehen, die Axt in die Hand nehmen,
sie noch ein wenig schleifen, und mir dann einen Fuß abhacken. Was hältst du davon?“
Es entstand eine kurze Pause
Meine Frau sah mich fassungslos an.
„Sicher, du hast recht“, sagte ich, eine rasche Antwort vorwegnehmend.
„Das wäre wohl etwas melodramatisch. Doch keine Angst, natürlich würde ich mich nachher schräg an eine Treppe stellen,
damit es nicht weiter auffällt.
Wegen den Nachbarn.
Die Schmidts, du weißt doch: sie reden so gern.
Ein Schritt voran und doch nicht weiter.“
Meine Frau schüttelte den Kopf
und verließ wortlos den Raum.
Ich glaube:
Die Scheidung lässt sich nicht mehr lange aufschieben.
Der zugenähte Mund
WUT; WUT; WUT;
Krallen schnallen mein Gehirn
WUT; WUT; WUT;
Im Kreise tosend das Blut da hinkt
WUT; WUT; WUT;
Alles schreit, kein Weg zur Stirn
WUT; WUT; WUT;
Der Knochenkessel durch die Sprünge singt
WUT; WUT; WUT;
Zu dünn, zu dünn! Wo soll sie hin?
WUT; WUT; WUT;
Das Ventil nur garstig rostig klemmt
WUT; WUT; WUT;
Zu viel, zu viel! Erziehung so lang im Sinn
WUT; WUT; WUT;
Der Hals den Bauch nur ewig hemmt
WUT; WUT; WUT;
Gedrückt, gestampft, sie darf nicht sein
WUT; WUT; WUT;
Kontenance lügend da am Zügel lahmt
WUT; WUT; WUT;
Bin schon still und wahr den Schein
WUT; WUT; WUT;
Tätowiertes Lächeln meinen Zaun umarmt
Wer bin ich
Wer bin ich
Dass ich kann sagen:
Wer bin ich?
Wer bin ich
Dass ich kann fragen:
Wer bin ich?
Wer bin ich
Dass ich kann suchen:
Wer bin ich
Wer bin ich
Dass ich kann finden:
Wer bin ich
Wer bin ich
Dass ich verlor:
Wer bin ich
Sie
A temholen läßt SIE keinen
N ieder wirft SIE den Verstand
G erne kommt SIE immer heimlich
S elten macht SIE sich bekannt
T rocken reibt sie meine Seele
A usgewringt sitz ich da
N aßgeschwitz nicht nur die Stirne
G eisteswille nicht mehr wahr
S iegen will SIE immer wieder
T ränenflüsse IHR Pläsier
A ber fragt SIE mich auch wirklich
N ur verlogen DIES Geschwür
Und deshalb:
G estapo meiner Sinne
S top!
T rete ab
Auch ohne Würde
Lass das Fühlen wieder MEINES sein
Tausend Köpfe
Die Gewitterfront rückt näher
Sitze auf der Bank vor dem Speisesaal
Was als stummer Mantel begann
achtlos gezogen über das grüne Samt der Ferne
und der flimmernden Gleichgültigkeit
öffnet seinen Saum
Blitze brennend werfen ihre Nasen voraus
und aus den Wolken fallen
neben den dicken klebrigen Tropfen der Angst
stetig höhlt was ewig wächst
die tausend Köpfe meiner Erinnerung
Meiner Erinnerung
Seiner Erinnerung
Unserer Erinnerung
Schon lange habe ich es aufgegeben
sie so purzelnd zu fangen
Der Wärter hat mich vorsorglich ans Bett geschnallt
Noch in Ruhe bringe ich die Ernte ein
obwohl der Hall des Donners bereits
mit dem stählernen Tritt meines Mörders
durch die zarte Schale des Himmeldaches bricht
Salatköpfen gleich
lege ich die fleischigen Kugeln in Reihe
und suche in den silbern spiegelnden Augen
verzweifelt mein Gesicht
Mein Gesicht
Sein Gesicht
Unser Gesicht
Doch nie stimmt die Ordnung
Ich beginne zu schreien und zu schreien
Immer wieder vertauscht er
hinter meinem Rücken
dreist fletschend den gespaltenen Zahn der Macht
die Bilder an der Wand
Lockt mich in das Spuckzimmer
aus dem nur die Falltür Rettung spricht
Kinderzimmer Kinderzimmer
Lalelu
und raus bist du
Aufgeregt die Geister mit den Flügeln flattern
die da richten über des Siegers Kampf
Und ich weiß:
Ich muss springen
springen
um wenigstens das nackte Leben
mein
aus den hungrig leckenden Flammen der Vernichtung
zu retten
Mein Leben
Sein Leben
Unser Leben
Der Fall ist tief und spiralenwindend
Doch die Spritze zeigt bereits Wirkung
Ich schreie, blute nur nach innen
und die Rüstung meines Herzens
geschmiedet in der Halle der unbestechlichen Zwerge der tradierten Kindheit
geplättet mit dem Gürtel meines Vaters
fällt ganz weich in die aufgeschüttelten Kissen des zarten Vergessens
In die alles erstickenden Kissen der rosa Chemie
Mein Vater
Sein Vater
Unser Vater
Unser Vater
der du bist im Himmel
Gott sei Dank!
Der Lichttänzer
Oft ich sprach mit dem Heer der flammend Geister
Nur auf meinem Augendocht sie brannten
Die so stolz erzählten von ihrem Meister
Aus fremden Sphären er sie sandte
Am Fenster wartend, Nacht für Nacht
Wollt sein ein gehorsam Kind des Irrlichts
Sie versprachen mir gar große Macht
Musst nur schicken Erwachsen-Welt ins Nichts
Dies war der leichteste Streich
Zart die Geister griffen unter wartend Arme
Singend schwebten ab ins glitzernd Reich
Vater unser, meine Mutter dich erbarme
Ihren Schrei es hörte selbst das Ohr des Grenzers
Trotz Zweifel er ließ passieren
Gefangen im Strahle des Lichttänzers
Ich konnte mich nur selbst verlieren
So grazil es war sein Körper
Die ganze Erscheinung ein Königszauber
Für Jahre mir fehlten gar alle Wörter
Ich wurde immer tauber
Lag am Schwindel der drehend Kreise
Leib an Leib im Ballsaal aller Götter
Und erst als Musik wurd wieder leiser
Ich konnt hören das Lied der ewig Spötter
Sie fragten mich nach meinen Füßen
Ob ein jeder weiß, wo sein Schuh denn steckt
Nannten mich des Wahnsinns Süßen
Der den Kopf wohl zu lang in die Wolken reckt
Von ihrer Bosheit ich hatte rasch genug
Drum bat um Reise wieder nach daheim
Doch des Tänzers Lächeln es mich trog
Ganz schnell es verlosch der helle Schein
Seitdem ich sitz in tiefster Schwärze
Von diesem Punkt es gibt keine Kehr
Sie raubten alles mit meinem Herze
Wer ist heute meines Kopfes Herr?
Dies sichtbar brabbelnd Ungetüm
Dem Nahrung mit dem Löffel wird gedrückt?
Ist doch bloß mein Synonym
Tumb an der Tür mein Schild er rückt
Tock; Tock; Tock
Bauch sich haltend der Verstand
Wahnes Schwingen streifen sanft
Verstreute Bilder ohne Band
Endlos drehend sinnlos Kampf
Druck im Kopf Hammer schlägt
Seele rast find Eingang nicht
Gespaltener Schrei nur Tiefe regt
Vernunft püriert ganz ohne Sicht
Gerissen Aug blickt Nebelbank
Schmeckt klirrend Lachen durch die Haut
Weiße Kittelfratzen flüstern: krank
Spiegelnd Ich sich zitternd graut
Waisengeist sucht Brüderlein
Verloren Paß auf der Grenze
Zertreten Haus Zungenleim
Kontaktverlust so viele Lenze
Unterwasserseeboot auf Gefühlsriff lief
Krallen schaben schrill auf dem Zerschelltem
U-Bahntunnelschacht niemals schlief
Erinnerung spritzt in gekachelt Welten
Umhülltes Sein zeigt Kehlenschnitt
Doch Ihr mit Vorurteilsstempeln zugepfropft
Kriegt Löcher starrend gar nicht mit
Dass mein Ich am Ohr verzweifelt klopft
Kein Job auf Dauer
Unermüdlich der Seismograph die Berichte schreibt:
Allein in Borneo fielen heute achthundert Brillen zu Boden
Rastlos der Radar seine blinkenden Lichter schickt
Die Verletzung des Luftraums ist kein Kavaliersdelikt
Meine Alarmglocken schrillen!
Das Böse bedroht die Welt
Hinter jedem Augenzwinkern kann es sich verbergen
Unter jedem Hemdknopf verstecken
Die Zeichen müssen akkurat gedeutet werden
Ich muss vorsichtig sein
Die Ärzte nennen es: Manie!
Ich aber sage nur:
Gottes Sohn hat einen verflucht anstrengenden Arbeitstag
Sechsmal
Seit Wochen Morpheus stößt mich aus seinen Armen
Rotgemasert ist das Fenster meines Blickes
Trocken das dunkle Loch meines Atems
Die Nacht aber ist sternklar über der Lichterstadt
Mein Bewusstsein umspannt das Gitter aller Planeten
Komplizierte Berechnungen erklären den Sinn
Jagdfieber tost in meinem Blut
das so lange klebrig auf den Straßen lag
Ich hebe meine Nase
und nehme auf die süße Witterung des Mondes
Ich bin das Wissen aller Atome
Ich bin die Medizin auf dem Löffel der Weisheit
Ich bin die Spaltung des letzten Kerns
Ich bin der lodernde Fraß der Hölle
Lachend spreize ich meine Schenkel
und gebäre die Sonne und den lieben Gott
Weinend brech ich auf meine Brust
und schütte die Tränen des Teufels über mein Grab
Sieben Leben hatte ich
Sechsmal bin ich ertrunken
Gedanken
Ich bin nicht hier
Ich bin nicht dort
In meinem Kopf
stündlich
ein neuer Mord
Ich bin nicht schwarz
Ich nicht weiß
In meinem Kopf
das Licht
mal kalt mal heiß
Ich bin nicht du
Ich bin nicht ich
In meinem Kopf
ER, SIE, ES
zertrümmern mich
Gedanken
Gedanken
Nur wenn Fische schwimmen
die Farbe des Meeres sich kann wandeln
Mein ist das Reich
Ich weiß:
Sie beobachten mich
Sie wollen mich zerstören
Sie werfen falsche Bilder an die Wand
die mich ablenken sollen
Verstecken Stimmen im Surren des Kühlschranks
Lachen im Klirren der Glühbirnen
Doch ich bin schlauer
Das Fenster ist mit Brettern vernagelt
es war ein robuster Parkettboden
und in den Löchern der Steckdosen wacht Klebstoff
In meinen Ohren auch
Nicht zum ersten Mal
Die Dunkelheit ist mein Freund
die Stille mein Bruder
Nein! diesmal kriegen sie mich nicht
Niemand wird hören den dritten Schrei des Hahnes
Niemand wird treiben den Nagel wieder durch meine Hände
Mein ist das Reich - das da komme!
Die Stimme
Pst!
Ich muss leise sein
Die Stimme hingegen sprach zu mir
ganz laut und deutlich:
„Du bist nicht allein
Ich sehe alles
was Du machst
Ab heute ich bin dein Herr und Meister“
Was sollte ich nur tun?
In der Tat
diese Stimme
so fremd
und doch alles über mich wissend
sie war seit diesem Tage immer um mich
Ich konnte so schnell rennen
was meine Beine auch hergaben
Ich konnte so weit tauchen
bis meine Lungen schier platzen
Ich konnte mir sogar ein Ohr abschneiden
doch sie war nicht mehr von mir zu trennen
War sie ein feindlicher Agent?
War sie der König der Elfen?
Dann befahl sie
„Räume deine linke Gehirnhälfte!
Ich und meine Freunde
wir brauchen mehr Platz“
Sofort tat ich
wie mir geheißen
denn ich wusste um die Macht
Sie lag nicht mehr in meiner Hand
Ich war ein Sklave
Willenlos
Auch als es lapidar da hieß:
„Wir sind deiner überdrüssig:
Bring dich um!“
Pst!
Ich muss leise sein
Die Engel Babylons
Einst ich warf ein Netz über die Sonne
Fing sie ein
Ritt auf ihrem weichen Rücken
Das goldene Haar ganz lang im Wind
Kühler Mondstaub mich erfrischte
Ich ritt bis an die Burg der Götter
Gesponnen aus dem was ist
Zwischen den Sternen
Gedanken aller Wesen
Und hämmerte an das Tor
Ja, ich verlangte mein Recht
Mein Recht auf Eintritt
Mehr nicht
Und nicht weniger
Wer sollte es mir verwehren?
Doch ich flog zu hoch
Flammendes Ungetüm
Die Götter
Mein
Niemals lachen
Ich verbrannte
Asche auf tausend Zungen
Und die Engel Babylons?
Heute sie lächeln still
Nähren taube Kinder an der Brust